Karl Schwarzenberg

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Kraftvolle, leuchtende Farben, Farbfelder, Fotorisse, Ölpapiere, Nummernschilder – Karl Schwarzenbergs Arbeiten sind vielfältig und facettenreich. Dabei ergibt sich, schreitet man die Reihe der Arbeiten ab, das Bild eines Forschers, der mit verschiedenen bildnerischen Ansätzen nach dem Wesen des Bildes, nach dem Wesen der Malerei forscht. Seit Jahren entsteht die Serie der „numerischen Bilder“, eine Serie, die Malerei im Zusammenhang mit abstrakten Kürzeln erforscht. Die „1“, die auf allen seinen Bildern eine zentrale Position einnimmt, ist dabei weitgehend ein neutrales Element, ein primär bildnerisches Element, das innerhalb der Malerei subversiv wirkt und nur zum geringeren Teil ein inhaltliches, als das es immer wieder gerne vom Betrachter gesehen wird. Natürlich, die Eins als Zahl ist nach der Null die erste der Zahlen, die eine Menge anzeigt, in gewisser Weise ein Absolutum, einer einzigartigen Persönlichkeit gleich. In der Häufung der Einsen wird diese zum Element der Malerei, verliert von ihrer Einzigartigkeit, wird zum abstrakten Kürzel, im malerischen wie im inhaltlichen Sinn.

Zunächst einmal ist diese Kunst traditionell, traditionell im Auftrag der Farben, im Bemalen der Leinwand oder des Papiers. Das Handwerk steht im Vordergrund, keine computerisierten Techniken werden verwendet, keine digitalen Medien. Das ruhige Arbeiten steht quer zur Beschleunigung unseres Lebens, stellt den traditionellen Wert der Arbeit und der Betrachtung in den Vordergrund. Ruhe, Zeit, ist ein wichtiger Faktor dieser Arbeiten. Dabei sind sie als Malerei trotzdem radikal zeitgenössisch, verwenden Elemente, die früher keinen Eingang in die Malerei gefunden hätten. Schwarzenbergs Arbeit steht auf dem Fundament der abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts und denkt diese weiter. Dabei spielt Schwarzenberg mit der Bilderfahrung des Betrachters – die Bildreihe der Horizonte beispielsweise ruft unwillkürlich landschaftliche Assoziationen wach.

Die Arbeiten auf Ölpapier lassen die einzelnen Stadien der Bearbeitung sehen; schichtweise wird hier die Farbe aufgetragen und bei der jeweils darunterliegenden Schicht etwas stehengelassen: zunächst eine graue Militärfarbe, dann weiße Grundierung und dann die leuchtende Farbe mit den weißen Einsen. Dabei wird eine Gitterstruktur aus Quadraten sichtbar, Knickspuren im Papier sowie Laufspuren der Farbe, die stehengelassen werden. Das Spiel mit dem Zufall enthüllt eine vielleicht unerwartete Facette in Schwarzenbergs Malerei; die Faszination von Vorgefundenem und dem, was sich im Verlauf der Malerei ereignet. Zentral ist dabei der Dialog zwischen rationalen, regelmäßigen Elementen wie den Quadraten und der Sinnlichkeit der Farbe. Regelmäßiges und Unregelmäßiges finden auf den Bildern zueinander wie unbedingt zusammengehörige Gegensatzpaare, von denen eines nicht ohne das andere existieren kann. Dieser Gedanke wird auch in den Fotorissen wieder aufgenommen. Die Fotografen zeigen meist Abbruchsituationen, mithin Ansichten von etwas per se Desolatem, das in 2 Teile zerrissen wird. Die Einsen auf jeder Seite finden virtuell zusammen, wenn man den Riss fortdenkt. Unregelmäßiges wird so im Zusammenfügen wieder zu Regelmäßigem.

Der numerische Strom in Form ungeheurer Datendichte läßt unsere Welt immer weiter zusammenwachsen. Er vernetzt alles mit jedem und macht dabei den Einzelnen immer transparenter. Individualität und Privatsphäre gehen dabei immer weiter verloren. Und dies ist ein weiterer wichtiger Aspekt von Schwarzenbergs Arbeit: in einer bewußt traditionellen und langsamen Malarbeit im Vergleich zu digitalen Medien arbeitet er gegen diesen Trend der steten Beschleunigung und Entindividualisierung an, mit Arbeiten, die auf der Höhe ihrer Zeit sind und diese kritisch begleiten.

Dr. Martin Stather

Ausstellungsleiter des Mannheimer Kunstvereins

Entnommen einem Leporello (Download als PDF-Datei) der Galerie Keller, Mannheim.